Vor ein paar Wochen haben Unbekannte an der Glacisstraße in Höhe der Verkehrsinsel vor dem Heinrich-Schütz-Konservatorium mit weißer Farbe einen Zebrastreifen aufgemalt. Einige Wochen lang passierte gar nichts. Wie Anwohner*innen berichten, hat der provisorische Fußgängerüberweg funktioniert. Dann bekam die Stadtverwaltung davon Wind und sperrte den Übergang, Neustadt-Geflüster berichtete.
Vor zwei Tagen berichtete dann auch Bild-Dresden und anschließend nahm sich die Deutsche Presseagentur (DPA) des Themas an. In der Folge gibt es in ganz Deutschland Veröffentlichungen zum Thema „Gesperrter Zebrastreifen in Dresden“.
Diskussion zurück in Dresden
Nach der großen Berichterstattung kommt die Diskussion nun wieder zurück nach Dresden. So greift SPD-Stadtrat Stefan Engel das Thema auf. Er weiß, dass sich die Eltern der Schüler*innen am Heinrich-Schütz-Konservatorium schon lange für einen Fußgängerüberweg einsetzen. Bisher existiert dort nur eine Mittelinsel als Querungshilfe. Rund 5.000 Kinder queren dort normalerweise pro Woche die Straße.
Auch in der Dresdner Kommunalpolitik wurde schon mehrfach über das Thema diskutiert und die Verwaltung mit der Umsetzung beauftragt. So hat der Dresdner Stadtrat 2018 einen interfraktionellen Antrag zur Einrichtung zusätzlicher Zebrastreifen beschlossen. Der Standort „Glacisstraße vor dem Heinrich-Schütz-Konservatorium“ stand in der Liste mit Standortvorschlägen an allererster Position. Auch der Stadtbezirksbeirat Neustadt hatte sich 2021 auf Vorschlag der SPD erneut für einen Zebrastreifen an dieser Stelle ausgesprochen. Die Stadtverwaltung ist an diese Beschlüsse aber nicht gebunden, da es sich um eine „verkehrsrechtliche Anordnung“ handelt, die nicht in der Beschlussgewalt des Stadtrats liege. „Das Verwaltungsversagen macht unsere Stadt zur bundesweiten Lachnummer“, so Engel. Sieben Jahre nach dem Stadtratsbeschluss sei aber immer noch nichts Sichtbares passiert. Durch die Sperrung der Carolabrücke habe sich der Autoverkehr auf der Glacisstraße noch mal deutlich erhöht. „Hier besteht akuter Handlungsbedarf, ein Zebrastreifen wäre günstig und schnell realisierbar“, sagt der Lokalpolitiker und fordert Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) auf, hier zügig für eine Lösung zu sorgen.
Die Stadtverwaltung hat im Themenstadtplan aktuelle Zahlen zur Verkehrsbelegung der Glacisstraße eingestellt. Statt rund 5.000 KFZ pro Tag vor dem Einsturz der Carolabrücke waren es nun im Juni diesen Jahres 6.600. Allerdings hätte schon niedrigere Wert die Einrichtung eines Fußgängerüberwegs gerechtfertigt, zumal es sich bei den vielen Schüler*innen um besonders schutzwürdige Personen handelt.
Errichtete Zebrastreifen

In der Neustadt wurden in der jüngeren Vergangenheit zwei Zebrastreifen angelegt. Einer an der Lößnitzstraße, einer an der Buchenstraße. Beide mit Beleuchtung, abgesenkten Borden und Leitelemente für sehbehinderte Menschen. Die Gesamtkosten der Baumaßnahme an der Buchentraße betrugen rund 40.000 Euro, an der Lößnitzstraße 41.000 Euro.
Strafbare Malerei
Das Aufbringen der weißen Farbe auf die Straße ist strafbar. Die bislang Unbekannten haben gegen Paragraph 33 StVO (Verkehrsbeeinträchtigung) verstoßen. Außerdem könnte ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (Paragraph 315 b Strafgesetzbuch) und Amtsanmaßung gemäß Paragraph 132 Strafgesetzbuch geahndet werden.
…und was noch dazu kommt, dass lange vor dem Brückensturz, scheinbar ohne Begründung, vor einigen Jahren die 30er-Zone inkl. Radweg (vom Albertplatz bis Einmündung Tieckstr.) entfernt wurden, damit man schön zügig durchbrettern kann..
Am Dammweg? Das wäre ja ganz großes Kino. Wo denn? Oder hat sich ein Fehler im Text eingeschlichen?
Die Ecke Lößnitzstraße / Dammweg soll wohl eine Querungshilfe bekommen. Im Zuge Ausbau Köni / Radschnellverbindung… also in zig Jahren irgendwann mal vielleicht. Bis dahin bleibt die Ecke „bescheuert gelöst“, mit maximaler Unsicherheit insbesondere für Kinder.
Der Witz ist das ja, dass vor ein paar Wochen schon mal ein Zebrastreifen aufgemalt wurde. Dieser wurde dann von der Polizei lustig übermalt und mit ACHTUNG Schriftzug versehen. Und später dann aufwendig weggefräst. Wiederum ein paar Wochen später taucht der neue (noch besser gemachte) auf. Anstatt wegfräsen und absperren wäre das einrichten eines Selbigen vermutlich auch nicht viel teurer gewesen.
Sorry, Mimi Lou. Buchenstraße statt Dammweg. Frag mich gerade, wie das zu der Verwechslung kommen konnte. Ist korrigiert.
@Anton Launer: Klarer Fall von Wunschdenken
Wenn Verwaltung nur mit sich selbst beschäftigt ist und nicht merkt, dass sie eigentlich der Bevölkerung dienen soll, dann sieht genau so das Ergebnis aus. Die Verkehrspolitik in Dresden hat alles, außer den Menschen im Mittelpunkt.
Daß sowas passiert, ist letztlich Zeichen einer dysfunktionalen Verwaltungspraxis. Alles viel zu störrisch, zu renitent, zu vorgestrig. Und tatsächlich rutscht Dresden immer mehr in eine elende Provinzrolle mit einem Haufen stadt-untypsichem Zeugs ab, was man andernorts eben so nicht hat.
Diese Mittelinseln überall sind auch miese Notlösung, um echte Lösungen zu verhindern. Es sind gefährliche Zwangpunkte mit Radlern als Knautschzone, damit der KFZ-FührerIn mal bitte auch bremst. Wo man hinschaut, verkehrsrechtliche oder verkehrsplanerische Altlasten oder Miese-Lösungen, hinzu kommen unendlich viele kaputte Straßen und Situationen. Der Frust der Leute ist mehr als nachvollziehbar, irgendwann nimmt man sich die Stadt zurück (reclaim the streets), wenn von allen „Zuständigen“ nichts zu erwarten ist.
Man sollte mal entsprechende Behörden ebenso wegen Amtsanmaßung verklagen, da ihr Agieren oder Nicht-Agieren nunmal so untypisch zu zahlreichen anderen Großstädten ist. Gleiches beim Strafantrag zu gefährlichem Eingriff in den Verkehr anhand solch gefährlicher Mittelinseln, nicht-bearbeiteter UHS (Unfallorte), sowie dem fast stadtweiten Tatbestand der Verkehrsbeeinträchtigung des Radverkehrs (zahlreiche untragbare Zustände, nicht regelkonform bis regelwidrig), etc.pp. Also mithilfe etwas Expertise dürften Verwaltungsgerichte zu erstaunlicher Rechtsprechung kommen.
Allein die Prozesse würde dabei helfen, untragbare Verwaltungszustände in den Griff zu bekommen, denn es gäbe Auflagen an jene Renitenten in den Amtsstuben sowie Beschränkungen des Autopopulismus in großen Teilen des Stadtrats.
Im Artikel wird es erwähnt, es wurde vom Stadtrat beschlossen, der aber zu diesen Sachverhalten nicht verbindlich beschließen kann, d.h. es ist dann wohl eher eine Art Empfehlung. Und wenn dann die zuständigen Stellen diese Empfehlung nicht umsetzen, dann ist es imho auch kein Verwaltungsversagen. Dafür gibt es Fachleute, die sicher auch Gründe haben, warum man manche Entscheidung so trifft bzw. die Beschlüsse des Stadtrates, die hier nicht rechtsverbindlich sind, nicht umsetzt. Der Grund für das erhöhte Verkehrsaufkommen auf der Straße ist bekannt und es ist dann auch Aufgabe (und Pflicht) der Stadt die Interessen aller Verkehrsteilnehmer abzuwägen. Selbst aufgemalte Zebrastreifen haben ganz sicher nichts mit Verkehrspolitik zu tun und ich bin froh, dass die dafür zuständigen Stellen nicht auf dieser Basis ihre Entscheidungen treffen. Heute hat übrigens die Stadt entschieden, dass auf der Marienbrücke nicht Spuren für den Autoverkehr gesperrt werden. Da werden auch viele aufschreien, aber in der Pressemitteilung steht dann eben, dass alle Verkehrsteilnehmer betroffen sind und man insgesamt abwägen muss. Es geht nicht darum, wer am Lautesten schreit, die größte mediale Aufmerksamkeit generiert oder gar strafrechtlich relevant in Eigenregie Änderungen vornimmt. Auch bei der Marienbrücke geht es um den elbüberschreitenden Verkehr auf dem 26er Ring, wie auch bei der Glacisstraße. Und da wird die Stadt, absolut nachvollziehbar, sehr genau bewerten, inwieweit Änderungen am Status Quo sinnvoll sind. Und bevor jetzt wieder der Spruch von der autofixierten Verkehspolitik etc. kommt, dann hätte man im September letzten Jahres die Augustusbrücke für den Autoverkehr wieder freigegeben. Hat man nicht getan, auch umfangreich begründet und sicher nicht nur Begeisterung damit hervorgerufen.
@Dresdner Eierschrecke
„Man sollte mal entsprechende Behörden ebenso wegen Amtsanmaßung verklagen …“
Man sollte mal … dann mach doch mal! Dann muss du nicht immer nur quengeln.
Bei so einer sinnlos-Ampel wie auf der Hainstraße ist man aber komischerweise ganz schnell und das Geld hat man auch…
@mm: erst auspennen, dann nachdenken, dann kommentieren…
@stefan e.: nicht „die Stadt“ hat zur Marienbrücke „entschieden“, sondern der OB, wobei er schlicht die Öffnung des Terrassenufers abwarten will, dann schaun mer wohl nochmal.
„Verwaltungsversagen“ liegt nicht immer im von dir vermeinten Formellen, sondern das kann überall sonst der Fall sein, sofern wie z.B. hier Stadtstrukturen geschaffen werden, die zahlreiche Menschen einschränken, belasten bis hin zu diskriminieren (wie bei Rad- und Fußverkehr in Dresden klar feststellbar), und obwohl Korrekturaufträge gegen diese Mißstände vorliegen. Also kurz: bürokratisch alles richtig gemacht, dennoch nur Mist geschaffen. Wer’s nicht glaubt, sofort aus dem Auto raus, und selbstständig mobil sein.
Gerade wieder aus Schweden zurück. Dort: gefühlt alle 100 Meter ein Zebrastreifen. Die Autofahrerinnen halten auch tatsächlich und zwar bereits vorausschauend (also nicht: ranbrausen, bremsen und langsam bedrohlich weiterrollen). Dort ist aber auch jedes 3. Auto elektrifiziert und praktische jedes Haus hat ne Wärmepumpe dranhängen. Also auf vielen Ebenen ein Mentalitätsunterschied, der Vieles hierzulande so viel unangenehmer und freitheitseinschränkender macht.
Die Verfolgung dieser Straftat ist ganz ganz wichtig, damit sich soetwas nicht wiederholt. Die Kosten für die Strafverfolgung von ca. 40.000 Euro sind dafür gut angelegtes Geld.
Auf keinen Fall dürfen die Mitarbeiter*Innen der Verwaltung von ihren Nickerchen aufgeweckt werden. Erst recht nicht, wenn sie erst 2018 eingenickt sind!!!
@steven: Stell Dir mal kurz vor, es kommt der Stelle zu einem Unfall, wie genau ist dann die Haftungsfrage? Melden sich dann die Streifenmaler und übernehmen die Kosten? Oder ist auf jeden Fall der Autofahrer schuld, obwohl es dort keinen Zebrastreifen im Sinne der StVO gab?
Wie auch immer, die Streifen auf der Straße wurden gestern übermalt und sind nicht mehr sichtbar, auch die Absperrungen wurden entfernt, so dass die Verkehrsinsel wieder genutzt werden kann. Bei meinem Weg gerade entlang der Glacisstraße wurde diese noch nicht angenommen, alle Querungen der Straße erfolgten abseits der Verkehrsinsel, vermutlich wird die jetzt boykottiert. Die Ampel am Albertplatz wurde aber immerhin einmal genutzt, aber der Fußgänger scheint die Bedeutung der Farben nicht zu kennen. Eine Sekunde später hätte sich dies durch den abbbiegenden Verkehr von der Bautzner Straße auch erübrigt gehabt, den er dank Kopfhörern und Smartphone erfolgreich ignoriert hatte.